Ein Bericht über die Fahrt in die Ukraine.

Um eine Evangelisation zu organisieren, müssen viele Dinge erledigt werden. Neben den grundlegenden Punkten wie Zeit und Ort für die Veranstaltungen festzulegen, sind es noch Aufgaben rund um die Themen Einladungen, Programm, Verpflegung und Technik und nicht zuletzt muss Seelsorge organisiert und das alles im Gebet begleitet werden. Auf unserer diesjährigen Reise in die Ukraine erleben wir unterschiedliche Herangehensweisen an das Thema Organisation einer Evangelisation. Vor allem wird uns ein besonderer Punkt diesbezüglich offenbart, aber dazu später mehr.

Los geht es am 30. Mai von Minden. Wir fahren wieder mit einem großen Reisebus und wie auch schon bei der letzten Ukraine-Reise, werden wir alle nach und nach an verschiedenen Stationen in Deutschland eingesammelt. Die letzten Sänger und Musiker steigen gegen 01.30 Uhr nachts in Dresden dazu. Nun, volle Kraft voraus!

Der Weg durch Polen verläuft ruhig und ohne Zwischenfälle. Am Morgen des 31. Mai haben wir unsere erste gemeinsame Andacht und Johann Penner, einer unserer Fahrer, stimmt uns mit 2. Mose 38, 30–31 auf die Fahrt ein. Dort heißt es: „Sehet, der HERR hat mit Namen berufen den Bezalel, den Sohn Uris, des Sohnes Hurs, vom Stamm Juda, und hat ihn erfüllt mit dem Geist Gottes, dass er weise, verständig und geschickt sei zu jedem Werk”. Die Quintessenz dieser Andacht ist, dass Gott nicht die Begabten beruft, sondern die Berufenen begabt. Es folgen einige Gebetsanliegen und Fürbitten für unbekehrte Kinder, Fürbitten für Kranke und Alkoholsüchtige aus unseren Gemeinden, Erzählungen über Gottes Führung und Lobpreis über Gottes Gnade. Die Andacht schließen wir mit dem besonderen Gebetsanliegen, dass Gott uns zügig über die polnisch-ukrainische Grenze bringt. Etwa gegen 13:20 erreichen wir die Grenze und gegen 15 Uhr verlassen wir sie bereits ohne jegliche Komplikationen. Zu unserem Erstaunen haben die Zollbeamten zügig unsere Passierdokumente bearbeitet und teilweise sogar für uns ausgefüllt.
Schon bald bewegen wir uns in das Karpatenvorland in der Ukraine. Es liegt zum größten Teil in der historischen Landschaft Galizien, die heute von den Gebieten Tscherniwzi, Iwano-Frankiwsk und Lwiw eingenommen wird.

Die KarpatenDanach geht es über die Gipfel der Karpaten nach Transkarpatien. Unser Ziel ist Zarechchya. Die letzten 150 km erweisen sich als eine wirkliche Herausforderung. Die Straßen sind wirklich schlecht und mit unserem 3,80 m hohen Bus kommen wir zweimal an Stellen, die wir aufgrund der Bushöhe nicht passieren können. Wir schlängeln uns auf größeren Umwegen durch die engen, gefühlt, mit tausenden Strom-, Telefon- und sonstigen Leitungen behangenen Gassen hindurch um endlich wieder auf unsere Hauptroute zu kommen, welche nach wie vor mit vielen Unebenheiten und Löchern besät ist.

Müde, erschöpft und teilweise schon genervt erreichen wir dann gegen 23:20 Uhr unser Ziel. Dort werden wir herzlichst von den einheimischen Geschwistern empfangen. Es gibt lecker frittierte Hähnchen-Spieße, mit Petersilienkartoffeln auf transkarpatische Art und dazu frische heimisch gereifte Gurken und Tomaten. Als Nachspeise genießen wir Pfannkuchen mit hausgemachtem Schmand und Erdbeergelee oder Aprikosenmarmelade.

Unsere Herzen erfüllen sich mit Dank und Lob an Gott, dass er uns durch diese Strapazen doch sicher ans Ziel gebracht hat. Auf dem Weg zum Hotel erklingen mehrere Loblieder und Punkt Mitternacht am 01. Juni dürfen wir unsere Zimmer beziehen. Es stehen spannende und erfüllte Tage vor uns.

Zarichchya, Transkarpatien

Den ersten Tag starten wir in unserem Hotel, welches in dem Ort Wynohradiw, etwa 20 km weiter südlich von Zarichchya liegt, mit einem leckeren Frühstück. Es gibt Stampfkartoffeln mit einem kleinen Zwiebelschnitzel, dazu einen Krautsalat, denn schließlich sind wir ja in der krautreichsten Gegend der Ukraine. Als Nachspeise gibt es Blini mit Schmand. Derartig deftige Frühstücksmahlzeiten sind typisch für die Ukraine und wir kennen sie auch schon von unseren früheren Fahrten hierher. Gut gestärkt machen wir uns auf dem holprigen Weg zum Gemeindehaus in Zarichchya. Im Osten von uns sehen wir die Hügel der Karpaten in deren Vorland unzählige Gewächshäuser aufgebaut sind; denn für die Bewohner dieses schönen Fleckchens Erde ist es die Haupteinnahmequelle. Angebaut werden diverse Gemüsearten, aber primär Weißkohl, welches dann in der ganzen Ukraine verkauft wird. Das Geschäft scheint zu florieren, denn entlang der Straßen sehen wir immer wieder große Villen und Prachthäuser der Besitzer.

Vor dem ersten Gottesdienst um 10 Uhr haben wir noch eine kurze Chorprobe. Die örtliche Gemeinde veranstaltet heute ein Jugendtreffen für die Jugendlichen aus den Gemeinden der Region und wir sind dort auch eingeladen. Schon um halb zehn füllt sich langsam der große Saal des nagelneuen Gemeindehauses, welches in Eigenregie von den Geschwistern hier in den letzten zwei Jahren erbaut wurde. Es ist ein imposantes Gebäude mit einigen Erkern und einladenden Aufgängen ins Innere des Versammlungshauses, welches mit fein verarbeitetem Stuck an die Architektur der europäischen Altbauten erinnert. Die Decken sind hoch, die Fenster sind groß und Licht durchflutet den großen Saal.

Etwa 150 Jugendliche und einige Erwachsene warten scheinbar gespannt auf den Beginn des Gottesdienstes, welcher unter dem Motto: “Welchen Platz hat die christliche Jugend in der Gemeinde und in der Welt” gestellt ist. Zunächst erklingen einige Lieder der einzelnen Gruppen. Die einen singen in Russisch, die anderen in Deutsch. Manche Lieder kennen wir, die anderen sind uns aber neu. Was außergewöhnlich ist – die Lieder werden vom Platz a cappella vorgetragen. Auch wir bekommen die Gelegenheit ein kurzes Programm vorzutragen. Nach einigen Liedern, Gedichten und einem Zeugnis hören wir die Predigt von Alexander K. Sipko, der uns auch dieses Jahr wieder begleitet.

Als Leitvers für seine Predigt wählt er Matthäus 5,13. “Ihr seid das Salz der Erde…”. Er fragt die Jugendlichen, was es bedeutet Salz der Erde als junger Mann oder junge Frau zu sein. Er nennt einige faszinierende Persönlichkeiten, wie z. B. Rafaelo, Isaak Newton oder Alexander den Großen, die schon in ihren jungen Jahren Unvergleichliches erreicht haben. Doch auch die Bibel nennt einige beeindruckende Beispiele junger Menschen, die Salz der Erde waren. Das war Daniel, König David oder der König Josia. Sie alle haben das Leben ihres Volkes schon in jungen Jahren beeinflusst und in ihrem Glauben an Gott Treue erwiesen. Der Prediger ruft den Jugendlichen zu, in ihrer Umwelt Salz der Erde zu sein – sei es in der Schule, auf der Arbeit oder auch zu Hause. Wir alle können diese Welt positiv beeinflussen, dadurch, dass wir wie Salz “Geschmack” in das Leben der anderen hereinbringen und ihre Umgebung davor bewahren “zu verderben” – denn das sind die zwei wesentlichen Eigenschaften des Salzes – Lebensmittel schmackhaft zu machen und zu konservieren.

Der Gottesdienst endet mit einem kleinen Frage-Antwort-Teil. Eine Frage, die uns besonders auffällt, ist die eines jungen Menschen: Er möchte wissen, wie er sich bekehren kann. Diese Frage beantwortet Br. Alexander mit einem Zuruf nach vorn zu kommen oder nach dem Gottesdienst zurückzubleiben um gemeinsam zu beten und Gott gemeinsam um Vergebung zu bitten.

Zu Mittag serviert uns die Gemeinde eine köstliche Fleischbällchen Suppe und frittierte Mini-Hähnchenschnitzel. Es schmeckt hervorragend, denn die Lebensmittel scheinen alle hier aus der Region zu stammen und beeindrucken uns durch ihre Frische und Geschmacksintensität.

Nach dem Mittag proben die Musikanten und anschließend der Chor, bevor es um 17 Uhr den nächsten Gottesdienst gibt. Es versammeln sich wieder etwa 150 Menschen, wobei der Anteil der Jugendlichen stark geschrumpft ist. “Ehe und Familie” ist das Motto des Abendgottesdienstes. Auf eine spannende und schonungslos ehrliche Weise führt Br. Sipko ausgehend von 1. Mose 2,18 die wichtigsten Prinzipien des ehelichen Lebens vor. Neben den Grundprinzipien, der Heirat zwischen Mann und Frau und der Bindung auf Lebenszeit, nennt Br. Alexander drei Punkte aus 1. Mose 2,24, die fundamental für die Ehe sind. Ein Mann wird seinen Vater und seine Mutter verlassen, seiner Frau anhangen und sie werden ein Fleisch sein. Er verdeutlicht die Punkte anhand einiger lebhafter Beispiele aus dem Leben und ruft am Ende seiner Predigt dazu auf, diese Prinzipien im Eheleben umzusetzen. Auch fordert er die Zuhörer auf ihr Leben zu prüfen und noch heute alles in Ordnung mit seinem Ehepartner und vor allem mit Gott zu bringen.

Zum Kinderfest im Stadtzentrum

Der Sonntag beginnt für uns schon sehr früh, denn der erste Gottesdienst ist für 09:00 Uhr angesetzt. Interessant, dass die Zeit hier in Transkarpatien an der Europäischen Zeit ausgerichtet ist und nicht an der nationalen ukrainischen. Insgesamt erscheint uns diese Gegend mehr Europa zu sein, als der Rest der Ukraine. Ob die Gründe hierfür in der historischen territorialen Zugehörigkeit dieses Landstrichs zu suchen sind oder in der geografischen Lage, überlassen wir lieber den Wissenschaften. Fakt ist, dass die Menschen hier scheinbar keine fundamentalen, nationalistischen Neigungen haben, sondern die multikulturelle Vielfalt für sich entdeckt haben. Nicht nur die Sprache hier, ist eine Mischung aus Ukrainischem, Russischem, Ungarischem und aus einigen Fetzen des Deutschen, sondern auch die Gesichter der Menschen hier scheinen mal slawische Gutherzigkeit, mal balkanische Schönheit auszustrahlen.

Fast schon holterdiepolter, aber dennoch pünktlich schaffen wir es in die Kirche. Während wir noch einige Lieder ansingen, füllen sich die etwa 350 Sitzplätze fast vollständig. Männer sitzen rechts, Frauen links – so ist hier der Brauch. Der Gottesdienst beginnt und wir starten mit dem Lied “Erfreue dich, meine Seele” in Russisch. Die Predigt kommt auch heute von Br. Alexander K. Sipko. Er spricht über geistliche Sackgassen. Es gibt sie sowohl bei den jungen Menschen als auch bei den Alten, bei Christen und bei Nicht-Christen. Sackgassen sind ausweglose Situationen und können z.B. durch physische oder psychische Leiden entstehen. In den meisten Fällen ist aber der Grund für geistliche Sackgassen eine falsche Beziehung zu Gott. Es gibt nur einen Weg aus solchen Situationen: “Jesus spricht […]: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben” (Joh. 14,6). Br. Alexander ruft den Zuhörern zu, Jesus als den Ausweg aus ihrer persönlichen Sackgasse zu wählen. Wir freuen uns, dass einige Menschen nach vorn kommen, um ihr Leben Gott zu weihen.

Im Stadtzentrum von Zarichchya

Im Stadtzentrum von Zarichchya

Nach dem Mittag haben wir einen Einsatz im Stadtzentrum, direkt vor dem Verwaltungsgebäude. Heute ist nämlich ein Kinderfest in der Stadt und diverse Gruppen, Theater-Ensembles und Orchester tragen ihre Programme in Parks und Konzertsälen vor. Wir bauen uns auf den Stufen des Verwaltungsgebäudes auf und schon bald ertönen die Klänge unserer Lieder und Musikstücke durch die kräftige Beschallungsanlage und dringen in alle Ecken des Vorplatzes. Die Sonne knallt auf unsere Instrumente und unsere Köpfe, doch Gott sorgt auch hier für unser Wohl und lässt durch einige leichte Quellwolken ein wenig Schatten entstehen. Vielleicht sind 400 Menschen da, vielleicht sind es aber auch mehr. Einige sitzen direkt vor uns auf den Bänken, die anderen haben sich etwas weiter im Schatten der Bäume versteckt. Noch ein Stückchen weiter, direkt an der Straße, haben sich ein paar Grüppchen Männer gebildet. Sie hören zu, unterhalten sich ein wenig und werfen uns hin und wieder kritische Blicke zu. Nach einer kurzen Botschaft von Alexander K. Sipko und einladenden Worten des hiesigen Pastors ist unser Programm nach etwa 90 Minuten zu Ende. Und wir fahren wieder zurück in die Kirche.

Im Abendgottesdienst hören wir zwei Predigten. Br. Eduard Reimer erklärt anschaulich den Heilsweg. Er spricht über die Annahme der Menschen und darüber, dass wir Menschen Kriterien und Akzeptanzpunkte aufstellen, bevor wir einen Menschen annehmen. Die Juden haben Jesus damals auch nicht angenommen, weil er einfach den Erwartungen an einen Messias nicht entsprach. Jesus anzunehmen bedeutet, sich komplett auf ihn einzulassen, zu akzeptieren, dass man sündig ist und Gott sein Leben zu überlassen. Im Umkehrschluss bekommen wir “Macht, Gottes Kinder zu werden” (Joh. 1.12), die Macht über eigene Sünde, fleischliche Begierden, über schlechte Gewohnheiten.

Die zweite Botschaft von Br. Alexander K. Sipko handelt davon, dass wir Menschen immer die Schuld für unsere Probleme bei jemand anderem suchen. Das war während der Zeit des Alten Testaments so, angefangen bei Adam und Eva, setzte sich in der neutestamentlichen Zeit fort und ist bei uns heutzutage auch nicht anders – immer beschuldigen wir jemand anderen für unsere Probleme, unsere Sackgassen. Br. Alexander fordert uns auf danach zu streben, niemanden, als sich selbst für unsere Missetaten zu beschuldigen und darum kämpfen ein Leben nach Gottes Willen zu führen.

Altenheim und Krankenhaus

Für Montag haben wir wieder ein straffes Programm. Gleich morgens geht es zu 10:00 Uhr in ein Alten- und Pflegeheim, hier in der Stadt Wynohradiw, etwa 15 Minuten von unserem Hotel entfernt. Dort angekommen finden wir einen etwas heruntergekommenen Gebäudekomplex und wir werden zu einer klassischen sowjetischen Aula (актовый зал) geleitet. Es riecht ein wenig vermodert und alt hier. Der Raum erscheint im nostalgischen, sozialistischen Furnierimitat – die Bühne aus Holzbrettern im glänzenden Rostbraun. Die 150 Plätze mit Klappsitzen sind noch nicht belegt, doch langsam trudeln ein paar ältere Menschen ein. Einige werden auf Rollstühlen hineingefahren. So nach und nach sind etwa 40-45 Besucher da. Wir haben eine Stunde Zeit und füllen diese mit den deutschen, russischen und ukrainischen Liedern aus unserem Repertoire. Ein paar Besucher spielen an ihren Smartphones und machen hin und wieder ein Foto oder ein Video, wenn der Chor singt. Andere wiederum scheinen sich einfach zu langweilen und gähnen so vor sich hin. Es gibt aber auch einige, die aufmerksam zuhören und bejahend mit dem Kopf nicken, als Eduard Reimer eine Kurzpredigt hält. Am Ende gibt es für alle Besucher eine Einladung zu einem Gespräch oder einem Gebet und eine kleine Überraschung. Unsere Gastgemeinde hat für alle Heimbewohner Obstboxen mit Äpfeln, Bananen und Pfirsichen gepackt und diese sowohl an die Zuhörer, als auch an die Heimbewohner, die nicht in der Aula waren, verteilt. Es ist ein bisschen wie Weihnachten.

Nach dem Mittagessen im Gemeindehaus fahren wir in das zentrale Krankenhaus der Stadt Irschawa. Hier hat unsere Gastgemeinde einen Open-Air-Gottesdienst vor dem Krankenhausgebäude organisiert. Im Schatten der Bäume haben wir uns aufgebaut und beginnen unser Programm mit einem Musikstück. Patienten, Ärzte, Krankenschwestern und anderes Krankenhauspersonal haben Plätze auf den Bänken vor uns eingenommen. In den Fenstern des mehrstöckigen Gebäudes schauen und hören weitere Menschen zu. Vielleicht sind es 200, vielleicht auch mehr. Valentin Bergen erzählt ein Gedicht von der guten Seele, die heimlich in einer U-Bahn einem älteren Menschen Geld in die Tasche steckt. Aufmerksam und gespannt hören die Menschen zu. Der eine oder andere scheint berührt zu sein. Br. Alexander K. Sipko greift das Thema auf und bedankt sich im Namen aller Patienten in seiner kurzen Botschaft bei den Ärzten für die Mühe und Anstrengungen, die sie stets mit uns Patienten haben. Eine ehrfürchtige Stimmung liegt in der Luft. Br. Alexander schließt den Gottesdienst mit einem Segensgebet ab. Er betet über die Mediziner, über die Stadt Irschawa, über die Ukraine. Am Ende wird noch ein Foto mit den Krankenhausangestellten gemacht.

Um 16 Uhr dürfen wir in der Kirche einem Gottesdienst für Männer beiwohnen. Insgesamt sind vielleicht 60–70 Männer da – alte und junge. Wir singen ein paar Lieder und Br. Sipko predigt anhand von 2. Timotheus 2:22 über die Eigenschaften und Fähigkeiten eines Dieners in der Gemeinde. 5 Punkte sind es, die in diesem Zusammenhang sehr wichtig sind: persönliche geistliche Entwicklung, Bibelstudium, Rechtschaffenheit, persönliche Entsagung und über allem steht die Liebe Gottes. Bei der Ausführung trifft Br. Alexander immer wieder den Nagel auf den Kopf und einige von uns senken ihre Köpfe, weil wir in vielen Dingen noch nicht nachkommen. Nach der Predigt haben wir noch eine Frage-und Antwort-Stunde. Es werden diverse Themen des Gemeindelebens angesprochen und von Br. Alexander besonnen und weise beantwortet. Er schafft es die Zuhörer mitzunehmen und kritische Fragen im Lichte der Bibel zu beleuchten. Nach etwa drei Stunden geht dieser Gottesdienst zu Ende und die Brüder finden sich in kleineren Grüppchen beim Abendessen zusammen, um weiter über die angesprochenen Themen zu diskutieren. Es ist eine lebhafte Gemeinschaft.

Sanatorium „Karpaty“ (Санаторий «Карпаты» Чинадиево)

Am Dienstag fahren wir in das etwa 70 km entfernte Sanatorium „Karpaty“. Auch dort hat unsere Gastgemeinde einen Gottesdienst organisiert und dazu die Patienten und das Personal eingeladen. Die Fahrt dorthin dauert etwa 1,5 Stunden. Was wir nicht wussten ist, dass unsere deutsche Pünktlichkeit durch die transkarpatische Straßenbeschaffenheit ausgehebelt werden kann. Wir verspäten uns um eine halbe Stunde. Als wir den Veranstaltungsraum betreten, warten die Besucher schon auf uns.

Im Sanatorium „Karpaty“

Im Sanatorium „Karpaty“

Auch hier finden wir uns in einer typischen Aula aus den Sowjetzeiten ein. Hier und da hat man versucht das Aussehen zu modernisieren, neue Fenster wurden nach europäischem Standard verbaut. Insgesamt versprüht aber jede Fuge, jedes Rostfarbenbrett, jede Spannplattenvertäfelung den Charme des Siebziger-Jahre-Sozialismus. Der Saal hat etwa 600 Plätze, die aber bei weitem nicht alle belegt sind. Vielleicht sind etwa 120 Menschen da, die gespannt auf unsere Lieder warten. Wir schmettern unser Evergreen „Wir steh’n im Sonnenschein der Freude“ hin und beobachten die Freude der Zuhörer. Valentin erzählt ein Gedicht über die Dinge, die man kaufen kann und über solche, die nicht zu kaufen sind. Es ist aber die Gnade Gottes, die es kostenlos für jeden gibt. Eduard Reimer predigt eben über diese Gnade und ruft den Menschen zu, ihr Leben zu prüfen und Gott zu weihen. Und als er zum Gebet aufruft, hören wir plötzlich ein „Es gibt doch aber noch eine andere Meinung!“ aus dem Publikum. Ein Mann erinnert uns energisch an die Gräueltaten des Nationalsozialismus, doch die anderen Zuhörer bringen ihn schnell zum Schweigen und er verlässt den Saal sehr schnell. Später sprechen einige unsere Brüder mit ihm und können sein Gemüt ein wenig beruhigen. Wir beten für ihn, für Transkarpatien, für Ukraine und für das Seelenheil der Menschen.

Schon bald sind wir auf dem Rückweg zu unserer Gastgemeinde. Den ursprünglich für 17 Uhr geplanten Gottesdienst, haben die Organisatoren auf 18 Uhr verlegt, da wir uns wieder um etwa 30 Minuten verspäten. Vor dem Gottesdienst genießen wir noch ein Espresso mit leckerem Plombir-Eis, ein Klassiker aus der Sowjetunion. Den Gottesdienst beginnen unsere Gastgeber, so wie sie es immer tun, wenn sie keinen Männerchor aus Deutschland zu Besuch haben. Es wird Hebräer 4 gelesen. Männer lesen nacheinander das gesamte Kapitel, je 8 Verse. Danach wird auf den Knien gebetet. Jeder darf beten. Die Gebetsgemeinschaft wird von einem der leitenden Brüder abgeschlossen. Es gibt noch ein paar Programmbeiträge. Ein Mädchen, gekleidet in ein festliches cremefarbenes Kleid mit Blümchenverzierungen singt a cappella ein Lied über die Leiden Jesu. Ein Junge zählt alle Bibelbücher in ihrer Reihenfolge auf. Eine Männergruppe singt zwei Lieder, auch a cappella. Danach sind wir dran. Wir singen Lieder, erzählen Gedichte und eine Kindergeschichte. Am Ende hören wir eine Predigt von E. Reimer. Markus 2, 1–12 ist der Text seiner Predigt. Er hebt hervor, dass man es immer mitbekommt, wenn Jesus in unser persönliches Leben tritt. Davon leitet Eduard die grundlegende Bestimmung einer christlichen Gemeinde ab. Es sind die drei Punkte: Gottes Wort erfüllen, Begegnungen mit Gott organisieren und Einander helfen im Glauben zu wachsen. Auch heute lädt Eduard die Menschen ein, Jesus zu begegnen. Wir singen Zuruflieder und freuen uns, dass einige Menschen nach vorn kommen, auf ihre Knie fallen und ihr Leben Gott übergeben.

Nach dem Gottesdienst kommen wir noch einmal in den Genuss der heimischen Küche. Es gibt eine leckere Hühnerbrühe mit einer Nudel und Pilzeinlage und dazu eine Art Dampfnudeln mit Hähnchen-Hollandaisesauce. Es ist der letzte Abend hier in Zarichchya und wehmütig müssen wir daran denken, schon morgen von hier abreisen zu müssen. Sehr schnell sind diese Geschwister hier unsere Freunde geworden. „Jesus macht uns zu Freunden, Jesus macht uns zu Seinen, Er gab uns einen neuen Namen, Christen sind wir zusammen“ – singen wir in nostalgischer russischer Manier und der eine oder andere muss eine Träne unterdrücken. Wir bedanken uns für die herzliche Gastfreundlichkeit mit ein paar Süßigkeiten und beten füreinander.

Borylsav, Vorkarpaten

Bereits in 2017 waren wir mit dem Männerchor in Boryslav und so fühlt es sich schon fast so an, als ob wir nach Hause kommen würden. Bekannte Straßen, bekannte Hügel, bekannte Gebäude und natürlich bekannte Gesichter, als wir nach etwa 6 Stunden Fahrt aus Transkarpatien beim Gemeindehaus in Boryslav ankommen. Aufs herzlichste werden wir empfangen und mit Leckereien verköstigt. Danach geht es gleich ins Hotel.

Бювет минеральных вод №1

Dieses Mal haben wir wieder die Gelegenheit am Haus der Mineralquellen Nr. 1 (Бювет минеральных вод №1) in dem Kurort Truskavets einen kleinen Gottesdienst zu halten. So finden wir uns sowohl am Donnerstag als auch am Freitag um 12 Uhr dort ein. Es sind viele Menschen am Veranstaltungsort und im Stadtzentrum unterwegs, die durch die Einkaufsstände und diverse Attraktionen bummeln. Wir singen einige Lieder erzählen Gedichte. Unsere Prediger halten je eine kleine Botschaft und laden zu den abendlichen Gottesdiensten in der Gemeinde in Boryslav ein. Am Donnerstag haben wir einige Schwierigkeiten gegen einen Künstler anzusingen, der in der Nähe seine Lieder durch eine Beschallungsanlage anpreist. So entscheiden wir kurzerhand am Freitag auch eine Verstärkungsanlage mitzubringen und schaffen so mehr Menschen zu erreichen. Wir sind Gott sehr dankbar, dass einige Besucher zurückbleiben ein Gespräch suchen und im Gebet Gott anrufen.

Die Gelegenheit beim Schopf zu ergreifen, auch dieses Mal kranken und notleidenden Familien zu helfen, fällt uns nicht schwer. So machen sich am Samstag einige unserer Brüder um Franz Ackermann auf und besuchen einige solcher Familien. Die Situationen sind teilweise wirklich schwer zu begreifen und nicht einfach mitanzusehen. Die Brüder halten mit den Familien kleine Andachten und bringen sie auf Gebetshänden vor Gott. Natürlich lassen sie auch ein wenig Süßigkeiten aus Deutschland und finanzielle Hilfe dort.

Die Gottesdienste finden in Boryslav vom Donnerstag bis Samstag jeweils am Abend statt. Am ersten Abend ist das Gemeindehaus mit seinen rund 300 Sitzplätzen vollständig gefüllt. Wir sehen viele bekannte Gesichter, aber auch viele, die neu sind. Die Gemeinde hat viel Energie in die Organisation gesteckt, Plakate in der Stadt aufgehängt, Flyer verteilt und sogar einen Fahrdienst eingerichtet, denn viele der älteren Menschen haben am Abend keine Gelegenheit zum Gemeindehaus und wieder nach Hause zu kommen. Wir erleben gesegnete Gottesdienste und danken Gott, dass Er jeden Abend Menschen anspricht und dass einige bei Zurufen nach vorn kommen und sich für Ihn entscheiden.

Einen besonderen Gottesdienst erleben wir dann am Sonntagmorgen. Der Saal ist proppenvoll gefüllt. Einige müssen in dem Eingangsbereich stehen und die Durchgänge wurden zum Teil mit weiteren Stühlen versehen. Br. Alexander K. Sipko predigt aus Johannes 3,16. “Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.” Er spricht vom Wort der Liebe, was sich darin ausdrückt, dass Gott seinen Sohn Jesus in unsere Welt geschickt hat. Wort der Vergebung beinhaltet Vergebung unserer Sünden durch Jesu Tod am Kreuz. Und Wort der Hoffnung ist das neue, ewige Leben, was uns Gott schenkt. Schon während der Predigt merken wir die besondere Wirkung des Heiligen Geistes und als dann das Zuruflied gesungen wird, kommen Menschen nach vorn und beten gemeinsam mit den Seelsorgern. Das Lied ist zu Ende und Br. Michail Prijanik ruft den Menschen noch immer zu, uns ermutigt er das Zuruflied noch einmal zu singen. Wir singen und spielen “Шумні води не згасять любові” (sinngemäß: Lautes Rauschen schafft es nicht die Liebe verstummen zu lassen) und als wir die Wiederholung des Refrains singen, wo es heißt “Ich habe dich erkauft am Kreuz von Golgatha mit meinem eigenen Blut”, kommen noch mehr Menschen nach vorn und fallen auf ihre Knie. Wir sind überwältigt und zutiefst dankbar!

Am Montagmorgen nach dem Frühstück geht es wieder nach Hause. Die Fahrt verläuft ruhig aber mit einer besonderen Gebetserhörung an dem Grenzübergang zwischen Ukraine und Polen. Als wir dort ankommen, sehen wir, dass die Reisenden vor uns alle ihre Koffer und Rucksäcke auspacken. Auch uns wird vom Zollbeamten mitgeteilt auszusteigen, um unser Gepäck prüfen zu lassen. Doch plötzlich heißt es, dass es doch nicht nötig sei – es reiche aus, wenn wir unsere Reisepässe prüfen lassen. Der Aufenthalt am Grenzübergang dauert etwa 2 Stunden und wir dürfen ohne Probleme passieren. Noch während wir dort auf unsere Pässe warten, bekommen wir mit, dass die Reisenden hinter uns auch wie diejenigen vor uns, ihr gesamtes Gepäck überprüfen lassen müssen. Wir danken Gott für diese wunderbare Führung.

Insgesamt durften wir 9 Gottesdienste in den Gemeinden mitgestalten: ein Alten- und Pflegeheim besuchen, einen Gottesdienst vor einem Krankenhaus halten, drei in Stadtzentren und zwei im Sanatorium. Die Ortsgemeinden haben viel Energie und Kraft in die Organisation dieser Evangelisationen gesteckt. Die einen Veranstaltungen waren perfekt organisiert, die anderen vielleicht etwas weniger perfekt. Doch eines dürfen lernen: Gottes Geist wirkte an allen Orten und bewegte die Herzen der Menschen, Frieden zu suchen und das ist es, was uns beeindruckt und in Dankbarkeit vor Gott fallen lässt.